Imprimatur

Monaldi & Sorti, List, 2003
752 Seiten, ISBN 9783548605081

Ein historischer Krimi? Ein Sittengemälde des 17. Jahrhunderts? Ein geschichtswissenschaftliches Werk, das aufgrund der "Enthüllungen" über Papst Innozenz XI. in Italien boykottiert wird? Wohl von Allem etwas. Einerseits hat das ca. 750 Seiten starke Werk Elemente eines klassischen Krimis, mit einem Detektiv (Atto Melani, Kastrat und Berater von Ludwig XIV) mit seinem Helfer (dem Hausburschen und Erzähler des Buches). Andererseits birgt es eine Tour de Force durch die europäische Geschichte des 17. Jahrhunderts, im Mittelpunkt Ludwig XIV und Papst Innozenz XI. Der Hauptschauplatz ist Rom, 1683, in einer wegen Pestverdachts unter Quarantäne stehenden Locanda.

Der Hintergrund: Die Belagerung Wiens durch die Türken, die als Kampf des Christentums ums Überleben gesehen und daher von Papst Innozenz XI unterstützt wird. Dahinter ein Geflecht von politischen Intrigen und religiösen Konflikten. Daneben gibt noch Einblicke in die damalige Heilkunst, Alchemie und Abstecher zu den "Heiligenfledderern" in den Katakomben Roms. Dazu im - sehr umfangreichen - Anhang ein Einblick in die Finanzierung von Kriegen und Herrscherhäusern der damaligen Zeit (Hauptaussage: Der "Ketzer" Wilhelm von Oranien konnte nur mit Hilfe des Geldes von Papst Innozenz XI. England erobern, womit England aber vom Katholizismus abfiel).

Man merkt, die beiden AutorInnen haben viel recherchiert (laut Klappentext 10 Jahre). Manchmal hat man den Eindruck, sie möchten zu viel unterbringen und die Geschichte entgleitet ihnen anhand dieser Fülle. Manches wird lange ausgebreitet, während manche Schlussfolgerungen fast zu flapsig abgehandelt werden und dadurch schwer nachvollziehbar sind. Auch wenn die Verknüpfung zwischen historischer Forschung und Roman manchmal Mängel aufweist, ist es doch ein interessanter Blick hinter die Kulissen. Auch sind die Charaktere interessant gezeichnet und machen die Lektüre durchaus vergnüglich.

Nadja Wozonig, 1. März 2008