Sepharad

Antonio Muñoz Molina, Rowohlt, 2004
542 Seiten, ISBN 3498044834

Sepharad ist der hebräische Namen für Spanien, und diesen spanischen Schriftsteller will ich allen ans Herz legen. Wunderbar erzählte Geschichten von Vetreibung und Sehnsucht, von Trauer und Tod. Jede einzelne Geschichte könnte allein stehen, und doch fügen sie sich zusammen zu einem "Roman voller Romane", wie der Untertitel lautet. Die Protagonisten der Geschichten sind außerst unterschiedlich: ein simpler Flickschuster, ein Ministerialbeamter, eine Drogenabhängige, eine Nonne, doch immer wieder schneiden sich deren Lebenswege mit denen von Kafkas Geliebter oder dem italienischen Schriftsteller Primo Levi.

Natürlich geht es um den Mord an den Juden durch die Nazis und das damit verbundene noch heute nachwirkende Leid, aber genauso geht es um die Opfer stalinistischer oder frankistischer Unterdrückung, es geht aber auch um jene verzweifelten Afrikaner, die an Spaniens Küsten ein menschenwürdiges Dasein suchen. "Sepharad" ist kein "Holocaust-Roman", sondern eine sprachlich und emotional faszinierende Begegnung mit den Abgründen der menschlichen Existenz. Ein trauriges Buch zweifellos, aber ein wunderschönes.

 

Margareta Stubenrauch, 31.10.2006