Michael Mitterauer, C.H. Beck, 2004
296 Seiten (ohne Fußnotenregister), ISBN 3406508936
Der Untertitel „Mittelalterliche Grundlagen eines Sonderwegs“ verrät, dass es hier nicht um aktuelle Europa-Politik geht, sondern um den Versuch zu erklären, welche Faktoren dazu beigetragen
haben, dass sich der europäische Kontinent anders entwickelte als vergleichbare Kulturräume. Für diese vergleichenden Analysen werden insbesondere die chinesische und die islamische Welt
herangezogen.
Am Beispiel „Roggen und Hafer“ lässt sich das Konzept besonders deutlich darstellen. Im frühen Mittelalter wurden diese Kulturpflanzen vor allem im karolingischen Kernland verstärkt angebaut.
Dies erforderte tiefes Pflügen mit Zugtieren. Daher hatten die Bauern die Tiere, um Gespanndienste leisten zu können- der aus der Antike bekannte Wagen verlor nie an Bedeutung als
Transportmittel. Im Gegensatz dazu war die arabische Landwirtschaft eine Gartenkultur. (Kaum eine Frucht, die wir heute aus Spanien importieren, wurde nicht von den Mauren dort heimisch gemacht).
Die asiatische Welt verlegte sich auf Reis in einer „Wasserkultur“ als Nahrungsgrundlage. Die chinesischen Bauern leisteten keine Transportdienste. Deshalb wurde das Auto in Europa
erfunden.
Der letzte Satz stammt natürlich nicht vom Autor. Er ist meine populistische Erfindung. Michael Mitterauer schreibt wie die meisten deutschsprachigen Historiker: wissenschaftlich fundiert,
langatmig, mit 50 Seiten Fußnoten. Aber die europäischen Sonderwege „Roggen und Hafer“, „Lehnswesen und Ständeverfassung“, „Predigt und Buchdruck“, um nur ein paar zu nennen, sind hochspannend,
wenn man den nötigen Atem aufbringt.
Margareta Stubenrauch, 13. Dezember 2006