Zu Mozart kann man nur beten

Jetzt hat es also begonnen, das Mozart-Jahr! Was feiern wir eigentlich? Am 27. Jänner 1756 wurde Wolfgang Amadeus Mozart in Salzburg geboren, er starb am 5. Dezember 1791 in Wien. Dazwischen liegt ein rastloses Leben, das ihn in alle Hauptstädte Europas führte, zuerst als gefeiertes Wunderkind, später als Künstler, der sich von klerikaler und royaler Patronage zu emanzipieren suchte, was ihm nur teilweise gelang.

Mozarts Werk, das mit Worten nicht zu beschreiben ist, umfasst Messen, Kammermusik, Symphonien, Konzerte, Opern. Sein Leben ist vergleichsweise gut dokumentiert, da viele eigenhändige Briefe erhalten sind, die oft so gar nicht mit dem Image eines frühreifen Genies zusammenpassen. Rechtzeitig zum 250. Geburtstag erschien eine Flut von Büchern zu und rund um Mozart, seine Werke werden besonders häufig aufgeführt, und eine Gedenkveranstaltung jagt die andere.

Mozarts Geist soll sogar die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union inspirieren, die der Bundeskanzler für den 27. Jänner 2006 zu einer Konferenz mit dem sinnigen Titel "The Sound of Europe" nach Salzburg eingeladen hat. Aber lassen Sie sich nicht täuschen! Es geht nicht um Musik und auch nur am Rande um Kultur. Hinter täuschenden Titeln wie "Was nun? Ein neuer Klang?" referiert zum Beispiel der Generalsekretärdes Rates Javier Solana über die gemeinsame europäische Außenpolitik. Bei " Die Europäische Krise. Ein Klang in Moll?" geht es um die weitere Vorgangsweise zur europäischen Verfassung.

Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Debatten über Europa und seine globale Verantwortung in Gegenwart und Zukunft sind nützlich und notwendig. Aber warum muss dafür Mozarts Geburtstag als Aufhänger herhalten?

Denn wie schreibt Hans Weigel? "Mozart steht jenseits, steht hoch über allem Nationalen, und es scheint mir lästerlich, ihn mit simplen geografischen und historischen Gegebenheiten zu entweihen. Zu Mozart kann man nur beten; auf ihn stolz zu sein, wäre bereits unerlaubte Vertraulichkeit."

Margareta Stubenrauch, 15. Jänner 2006