Europa der Regionen

Vor etwa 25 interessierten ZuhörerInnen präsentierte Dr. Marjan Sturm, Vorsitzender des Zentralrates der Kärtner Slowenen, seine Ideen zum vielgebrauchten Schlagwort "Europa der Regionen". Der Begriff ist nicht klar definiert, was dazu führt, dass dieses Schlagwort für viele äußerst unterschiedliche Ziele ge- und missbraucht wird. Auch in dieser Diskussion wurde festgestellt, dass es keine gültige Definition für Regionen gibt, sondern diese politisch definiert werden.

Marjan Sturm sieht den Begriff der Region als Negation des Nationalstaats. Wir müssen die nationalstaatlichen Denkmuster, auf die wir konditioniert sind, überwinden, so Sturm. Als bezeichnendes Problem der Idee eines "Europa der Regionen" sieht Sturm die Regionalförderung der EU, die zu 90 % durch Nationalstaaten bestimmt wird.

Sturm stellte ein paar Grundfragen, die entscheidend für die Bildung von Regionen sind:

  • wie groß muss eine Region sein?
  • ist eine Zivilgesellschaft notwendig?

 

Im Zuge der Diskussion kristallisierte sich heraus, dass Sturm eher ein kulturell-historisches Konzept vertritt. Sturm meinte (am Beispiel Kärntens), dass sich Nationalismus nicht ausgezahlt habe. Jeder von uns besitzt multiple Identitäten, niemand ist eindimensional - und eine offene Gesellschaft braucht genau das. Europa kann nur so überleben. Sturm sieht also ein "Europa der Regionen" als ethnisch vielfältige, offene Gesellschaft, als "Nische des Überlebens in der globalisierten Welt".

Als "Geisteshaltung" bezeichnete Sturm ein Europa der Regionen, verbunden mit Neugier und Sensibilität. Dies müsse sich vor allem im Bildungssystem (z.B. durch Austausch von SchülerInnen und LehrerInnen) niederschlagen.

In der Diskussion wurde aus dem Publikum bemerkt, dass das Konzept der Geisteshaltung in unsere Gegend passt, aber die Menschen in "Randregionen" (sic!) wie beispielsweise Nordschweden aus geographischen Gründen damit nichts anfangen könnten.

Marjan Sturm setzt seine Hoffnungen für ein Europa der Regionen in den Konvent. Durch eine Verfassung und mehr Gemeinschaftsrechte sollten sukzessive die Verhaltensmuster des Nationalstaates beendet werden. Das Konzept einer Region als Nation (Beispiel eines "vereinten Tirols") sei falsch. Eine Verfassung mit neuen Strukturen für Europa könnte aber den Weg zu einem Europa der Regionen bahnen.

Nadja Wozonig, 14. 4. 2002