Die Bedeutung des Europäischen Parlaments

 

Wir Sind Europa führt im Rahmen der Initiative "Debate Europe" die Veranstaltungsserie "Was Sie schon immer über das Europäische Parlament wissen wollten...." durch. 100 Personen folgten am 14. Mai 2009 der Einladung zur vierten und letzten Veranstaltung mit Johannes Voggenhuber. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und Mitglied in der Delegation für die Beziehungen zu Israel. Darüber hinaus ist er stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, sowie stellvertretendes Mitglied in der Delegation für die Beziehungen zum Palästinensischen Legislativrat.

Herr Voggenhuber begann seine politische Karriere als Stadtrat in Salzburg. Von 1988–1990 war er Bundessprecher der Grünen, danach gehörte er für mehrere Perioden dem österreichischen Nationalrat an. Seit dem österreichischen EU-Beitritt 1995 ist Johannes Voggenhuber Mitglied des Europäischen Parlaments. Im Zuge dieser Tätigkeit war er sowohl an der Erarbeitung der europäischen Grundrechtscharta als auch an der Entwicklung des Vertrages für eine europäische Verfassung beteiligt.

Der Fraktion „Die Grünen/Europäische Freie Allianz“ gehören zurzeit 43 Abgeordnete aus 14 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union an. Sie ist damit die fünftstärkste Fraktion im Europäischen Parlament (EP). Vorsitzende sind Daniel Cohn-Bendit, ein deutscher Grüner, und Monica Frassoni, eine italienische Grüne.

Herr Voggenhuber bezeichnete das Europäische Parlament als einen „Stachel im Fleisch der Regierungen“, als „lästig, wie alle Parlamente“, aber auch als einen Ort des Austausches von Vorstellungen und Phantasien.

Er spannte einen weiten Bogen von der parlamentarischen Versammlung der Gemeinschaft für Kohle und Stahl zum derzeitigen EP und stellte auch Vergleiche mit dem österreichischen Nationalrat an. Im Gegensatz zu letzterem sind die Ausschusssitzungen im EP öffentlich. Zum vielfach kritisierten mangelnden Initiativrecht des EP, wies er darauf hin, dass auch im Nationalrat die meisten Gesetzen als Regierungsvorlage eingebracht und von der Parlamentsmehrheit unverändert beschlossen werden, während es im EP viel häufiger zu Änderungen des ursprünglichen Kommissionsvorschlages komme.

Äußerst deutlich wies Herr Voggenhuber darauf hin, dass es die Regierungen der Mitgliedsstaaten sind, die dem EP und damit den Bürgerinnen und Bürgern Europas zusätzliche Entscheidungsbefugnisse verweigern, weil diese in Wahrheit eher intergouvernmental zusammenarbeiten wollen. Der „Sündenfall“ war der Vertrag von Maastricht, in dem man zum ersten Mal von der Gemeinschaftsmethode abgewichen sei. Als Vision eines zukünftigen integrierten Europas, erteilte Herr Voggenhuber sowohl dem Bundesstaat als auch dem Staatenbund eine Absage und nannte die „europäische Republik“.

In der Diskussion ging es um die derzeit wohl unvermeidlichen Glühbirnen, die die Gurkenkrümmung abgelöst haben, aber auch um die im Vertrag von Lissabon verankerten Grundrechte, deren Verhältnis zur Europäischen Menschenrechtskonvention, die Grenzen Europas und einen Vergleich mit den USA.

Herr Voggenhuber griff aus seiner langjährigen Tätigkeit im EP zwei besonders bewegende Momente heraus: Francois Mitterand’s Warnung „Nationalismus ist Krieg“ und seinen Kampf für den ersten Satz der Grundrechte, der auf Druck großer Mitgliedsstaaten gestrichen werden sollte. Der Satz blieb erhalten. Er lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Margareta Stubenrauch, 17. Mai 2009