Politik im Europäischen Parlament
Wir Sind Europa führt im Rahmen der Initiative "Debate Europe" die Veranstaltungsserie "Was Sie schon immer über das Europäische
Parlament wissen wollten...." durch. Rund 100 Personen folgten am 13. März 2009 der Einladung zur zweiten Veranstaltung mit Mag. Othmar Karas.
Mag. Othmar Karas ist Mitglied im Rechtsausschuss und im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlamentes (EP). Er ist stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Binnenmarkt und
Verbraucherschutz. Außerdem ist er Mitglied der Delegationen für die Beziehungen zu Japan und zur Volksrepublik China.
Nach dem Studium der Politikwissenschaften und Publizistik war Othmar Karas in der Banken- und Versicherungswirtschaft tätig, bevor er 1995 Generalsekretär der ÖVP wurde. Davor war er auch
Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat. Schon früh an europäischen Entwicklungen interessiert, kandidierte er 1999 für die Wahlen zum Europäischen Parlament, dem er seither angehört.
Er ist Vizepräsident der Fraktion der Europäischen Volkspartei (Christdemokraten) und europäischer Demokraten (EVP-ED). Dieser gehören zurzeit 288 Abgeordnete aus allen 27 Mitgliedsländern der
Europäischen Union an. Sie ist damit die größte Fraktion im Europäischen Parlament. Vorsitzender ist Joseph Daul, ein französischer Konservativer.
Zu Beginn stellte Mag. Karas die Unterschiede zwischen dem EP und nationalen Parlamenten dar. Während auf nationaler Ebene die Regierung immer über eine Parlamentsmehrheit verfüge, gäbe es
einerseits keine europäische Regierung und andererseits auch keine europäischen Mehrheiten. Der Rat (Vertreter der Mitgliedsstaaten) und das Parlament (Vertreter der europäischen BürgerInnen)
müssen sich ihre Mehrheiten im Gesetzgebungsverfahren immer erst suchen. Danach nutzte er die Gelegenheit, mit einigen EU-Mythen aufzuräumen: Von der angeblich von der EU geregelten
Gurkenkrümmung bis hin zum EU-Verbot für das Salzstangerl – wie manche Medien getitelt hatten.
Die Publikumsfragen waren äußert vielfältig. Sie reichten von der Finanzkrise über das Verhältnis der Schweiz zur EU bis hin zur Einheitssprache Englisch und dem immer wiederkehrenden türkischen
EU-Beitritt. Mag. Karas erläuterte, dass gerade das gemeinsame europäische Handeln eine Chance zum Überwinden der Finanzkrise darstelle und dass der € ein Garant für Stabilität sei. Er gab zu,
dass bei Regelung der Finanzmärkte in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden, unterstrich aber auch, dass die Ursache der Krise nicht in Europa liege. Zur Schweiz meinte Mag. Karas, dass die
Wirtschafts- und Beschäftigungsdaten seit dem Inkrafttreten des Europäischen Wirtschaftraums für Österreich im Vergleich zur Schweiz besser seien, und dass die Schweiz sehr eng an die EU gebunden
sei, z.B. durch die Teilnahme an Schengen, ohne dort eine Stimme zu haben.
Der Einheitssprache Englisch erteilte Herr Karas eine Absage und zitierte das europäische Motto "in Vielfalt geeint". Zur Türkei sprach er sich für Ergebnis-offene Verhandlungen aus. Derzeit
seien weder die EU noch die Türkei für einen Beitritt reif. Mag. Karas unterstrich jedoch die Bedeutung der letzten EU-Erweiterungen sowohl in ihrer politischen Dimension, als auch als Grund für
Wohlstand und Stabilität in Österreich. Insofern war es wenig überraschend, dass er die Ankunft von EU-ParlamentarierInnen nach dem Beitritt von zehn neuen Ländern im Mai 2004 als seinen
emotional schönsten Moment im Europäischen Parlament bezeichnete.
Margareta Stubenrauch, 14. März 2009